Die Filme der bulgarischen Staatssicherheit

Ein Verhör mit dem bulgarischen Dissidenten Peter Manolov

2016 während meines Memory Work Stipendiums an der Sigmund Freud Universität Berlin (unterstützt durch die Bundesstiftung Aufarbeitung) war ich gemeinsam mit dem Filmhistoriker Claus Löser Kuratorin einer Retrospektive am Filmfest Dresden über die Filme der kommunistischen Geheimdienste in Bulgarien und der DDR. Das Thema hat ein grosses internationales Echo gefunden, Seitdem werden  Workshops, Veranstaltungen und Seminare zum Thema in Deutschland organisiert.

Im Jahr 2012 haben wir während Archivrecherchen zur Bulgarischen Staatssicherheit DS (Darzhavna Sigurnost) (zusammen mit meinem Filmteam und der Kuratorin Vessela Nozharova) erstmals  Filmbestände dieses Geheimdienstes gefunden. Mehr als 4000 Filme, die vom bulgarischen Innenministerium für eigene Zwecke produziert wurden, warten seitdem auf ihre vollständige Erforschung und Aufarbeitung: Spielfilme, Dokumentationen, Beobachtungen, Verhöre. Bislang wurden viele dieser Filme zusammen mit der Kuratorin Vessela Nozharova in Workshops und auf Veranstaltungen in Bulgarien gezeigt. Zum ersten Mal wurden die Filme auf dem GOATMILK Festival of Memoires in Bela Rechka, Bulgarien gezeigt. Dadurch wurde ein starkes öffentliches Echo ausgelöst, das spürbar ein Nachdenken über die eigene Vergangenheit in Bewegung setzte.
Diese Filmbestände sind ein äußerst spannendes, aber auch widersprüchliches und bisher noch weitgehend unerforschtes Gebiet. Das liegt vor allem an der besonderen Situation der Geheimdienstakten in Bulgarien nach 1989. 1990 wurden schätzungsweise 40 Prozent der Staatssicherheitsakten zerstört. Zum ersten Mal wurden die erhaltenen Aktenbestände durch ein Gesetz im Jahr 1997 geöffnet, 2002 wurden die Möglichkeiten zur Akten-Einsicht allerdings schon wieder beendet. Erst mit einem neuerlichen Gesetz im Jahr 2006 – kurz vor dem Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union am 1.01.2007 – begann eine kontinuierliche Aufarbeitung der DS-Vergangenheit.

Was aber nahmen die Geheimdienstmitarbeiter filmisch überhaupt ins Visier? Welche konkrete Bedeutung hatten die Aufnahmen für die Arbeit des bulgarischen Geheimdienstes? Welchen Stellenwert hat das filmische Archivgut für die Aufarbeitung heute?

Die Ausschnitte aus Verhören des DS-Archivs lösen bis heute starke Emotionen aus. Durch ihre visuelle Sprache ermöglichen die Filme einen neuartigen Zugang zu einem Teil der bulgarischen Geschichte, der sich bislang – gerade bei jüngeren Menschen – sehr selten erschließen lässt.

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